Radsport in Lüneburg des neunzehnten Jahrhundert

Schon 1897  veranstaltete der Lüneburger Bicycle Club  ein Lampion Corso für

alle Fahrradfahrer. Um 1900 gab es mehrere  Fahrrad - Vereine in und um Lüneburg :  Arbeiter Radfahrverein Blitz  , Radfahrerverein Germania Lüneburg ,  Radfahrverein Heiligenthal, Lüneburger Rennverein, Radfahrerverein Germania Winsen, Schwalbe Rottorf und andere.

 

 

 

 

 

 Im 1898 errichtete der Lüneburger Sportverein an der Roten Schleuse eine  Fahrrad-

rennbahn, ein 333m langes  Oval mit Betonoberfläche.

Jährlich fanden hier Rennen mit Teilnehmern aus dem In- und Ausland statt. Leider  war die Zeit der großen Radrennen schnell wieder vorbei. 1904 war der Sportverein

Pleite, ein neuer Pächter versuchte sich noch vergeblich , bis 1907 endgültig Schluß war mit dem Rennbetrieb.

Die Bahn  ist heute von Wald bewachsen, aber noch gut zu erkennen.

 

1899 berichtete der Lüneburger Anzeiger über ein großes spannendes Rennen an der Rothen Schleuse, welches unter Beteiligung von Rennfahrern aus ganz Deutschland stattfand. Zum besseren lesen in neuer Schrift :

 

 

Zeitungsbericht aus den Lüneburger Anzeigen , Mai 1899

Großes Rennen auf dem Sportplatze bei der Rothen Schleuse.

Ein freundliches Bild gewährte gestern Nachmittag der Sportplatz bei der Rothen Schleuse, wo zu dem Frühjahrsrennen des Lüneburger Sportvereins die Rennfahrer von weither, von Königsberg und Leipzig gekommen waren, um bei warmen Sonnenschein ihre Kräfte zu messen. Ein überaus zahlreich erschienenes Publicum umrahmte die weite Bahn, die Tribüne war dicht besetzt und außerhalb des Sportplatzes sah aus den dichten Laub der Bäume die liebe Jugend dem interessanten Schauspiel zu. Einige offenbar musikalisch veranlagte Jungen wiegten sich, auf schwankenden Aesten balancirend, nach dem Tacte der Musik in großen Schwingungen hin und her.

Die einzelnen Rennen wurden mit Spannung verfolgt. Leider verliefen sie nicht ganz ohne Unfall. Abgesehen von den kleinen Hautabschürfungen, die einige Fahrer erlitten, that Lorenzen-Kiel auf der Höhe einer Kurve einen anscheinend schweren Sturz, der sich erfreulicher Weise aber als weniger gefährlich erwies als er aussah. Der auf der Tribüne anwesende Herr Dr. Dohmeyer eilte sofort zu dem wie leblos Daliegenden herunter und  erwies ihm die erste ärztliche Hülfe. Nach einiger Zeit erschien der Gestürzte mit Hautabschürfungen im Gesicht und die rechte verletzte Hand in der Binde tragend zur  großen Beruhigung des Publicums wieder auf dem Platze.

Das Programm wies 6 Rennen auf, die pünktlich um 3 Uhr begannen und ihr Ende um 7 ¼ Uhr erreichten. Die Resultate sind folgende :

Ermunterungsfahren, offen für Herrenfahrer, welche noch keinen 1. Preis beim

Bahnwettfahren erhalten haben. 3 Ehrenpreise im Werthe von 30, 20, 10 Mark.

Strecke 2000 m. Vorläufe über 1000 m.

1. Vorlauf : 1. H.Reimers – Hamburg, 1Min 36 1/5 Sec., 2. F.Feck, Hamburg

1 Länge, 3. Herm. Behrens, Lüneburg, ½ Länge.

Vorlauf : 1. Carl Gebers – Lüneburg, 1 Min. 28 3/5 Sec., 2. Herm. Meyer – Han-

nover Linden, 6 Längen, 3. Paul Starck – Charlottenburg, 1 Länge.

Gebers siegt in überlegener Weise und wird vom Publicum stark applaudirt.

Endlauf : 1. Carl Gebers, 3 Min. 31 1/5 Sec., 2. H.Reimers ¾ Längen, 3. F.Feck – Hamburg, 4 Längen. Knapper aber sicherer Sieg des Lüneburgers. Im langsamen Tempo  werden die ersten 4 Runden zurückgelegt. Beim Glockenzeichen kommt Leben in die Gesellschaft. Gebers nimmt die Spitze und läßt sich diese nicht mehr entreißen. Tobender  Beifall.

Hauptfahren, offen für Herrenfahrer. 3 Ehrenpreise im Werthe von 60, 30 und 20 Mark. 3000m. Vorläufe über 1000m. Die beiden Ersten eines jeden Vorlaufs kommen in den Entscheidungslauf. Vorlauf : 1. Henry Mayer-Hannover, 1 Min.21 ½ Sec., 2. T.Lorenzen-Kiel. Mit Handbreite gewonnen. Dicht auf als Dritter Rich. Boy-Lübeck. Beim Auslaufen stürzt Lorenzen, da er die Unvorsichtigkeit beging, die Kurve zu hoch zu machen. 2. Vorlauf: 1. F.Rahmen-

Bremerhaven, 1 Min. 26 Sec., 2. Schneider-Leipzig. Scharfer Endkampf. Moritz-Köln dritter.

3. Vorlauf : 1. S.Krüger- Lübeck, 1Min 25 3/5 Sec., 2. Luttermann-Hannover. Erbitterter Kampf um den zweiten Platz, bei welchem Salzen-Hamburg als dritter landete.

Endlauf : 1. Krüger, 6Min 42 4/5 Sec., 2. Henry Mayer, 3. H. Luttermann.

Im Bummeltempo treten die Fahrer die Reise an. Keiner möchte führen. In der vorletzten Runde beginnt der Kampf um die Position, so das beim Glockenzeichen das Feld sich in voller Pace befindet. Schneider wird in der kleinen Kurve herausgetragen und kann das verlorene Terrain von 15m nicht wieder aufholen. In der Gewinnseite erst gelingt es Krüger hervorzubrechen und  Mayer auf den zweiten Platz zu verweisen. Langanhaltender Beifall. Vorgabefahren: offen für Herrenfahrer, 3 Ehrenpreise im Werthe von 60, 40, 20 M., 3000 m. 1. S.Krüger, 0 m 4Min. 21Sec  2. H. Luttermann 0 m, 3. H.Mayer, 0 m. Sehr interessantes Rennen. Die Malleute hatten Vorgaben bis zu 170 m zu holen. Mehrsitzerhauptfahren : offen für Herrenfahrer, 3 Ehrenpreise im Werthe  von 60, 40, 30 M. 2000M, Vorläufe über 1000m. Es starten nur Tandems, das erste Paar eines jeden Vorlaufs und das zweite schnellste Paar kommen in die Entscheidung.

1. Vorlauf : Schneider-Leipzig—Moritz-Köln 1 Min. 21 Sec., 2. Gebr. Boy-Lübeck, 1Min. 21 1/5  Sec. Gebr. Boy wollen im Endkampf durch das erste Paar geschnitten sein und werden zum Endlauf zugelassen. 2. Vorlauf : 1. Lutze-Adlershof-- v. Salzen-Hamburg, 1Min 15 1/5 Sec.

2. Rahmann-Luttermann, 1 Min 18 2/5 Sec. 3. Vorlauf, 1. Meyer—Mayer -Hannover, 1Min. 21 3/5  Sec., 2. Feck – Abromeit-Hamburg, 1Min, 23 2/5 Sec. Endlauf : 1. Mayer—Meyer 2Min. 40 4/5 Sec. 2. Schneider—Moritz, 3. Lutze—von Salzen. Sicherer Sieg der Hannoveraner. Schneider Moritz 2 Längen zurück. Rahmann—Luttermann stürzen durch Reifendefekt, ohne sich zu verletzen. Mehrsitzter – Vorgabefahren; offen für Herrenfahrer, 3 Ehrenpreise im Werthe von  60, 30,20 M. 3000m.1. Eickhoff – Starck-Charlottenburg, 230m Vorgabe, 3Min.48 3/5 sec; 2. Feck - Adomeit -Hamburg, 250m Vorgabe, 3. Gebers – Leppert- Lüneburg, 240m Vorgabe.

Es starten 10 Tandems. Die Vorgaben der fliegenden Paare waren etwas zu hoch bemessen;   die Hintermänner können nicht herankommen. Schneider-Moritz, Luttermann-Mayer vom Mal  geben nach der dritten Runde auf. Dauerfahren 20km; offen für Herrenfahrer. Alle Arten Schrittmacher zulässig. 5 Ehrenpreise im Werthe von 80, 50, 30, 20, 10 M. 9 Fahrer stellen sich dem Starter. Beim Pistolenschuß beginnt sofort die wilde Jagd. Ein jeder möchte seine Schrittmacher zuerst zu erreichen. Drei Tandems sorgen für scharfes Tempo. Moritz hat zuerst Anschluß. Krüger stürzt in der 3. Runde, setzt sofort wieder auf, kann aber das verlorene Terrain von ¾ Runden trotz der guten Unterstützung von Gebr. Boy nicht wieder aufholen und gibt nach einigen Runden auf. Lutze, welcher erst gar keine Schrittmacher hat, fällt nach der 18. Runde ab. Das Lüneburger Tandempaar zieht ihn aber unter Bravorufen des Publicums wieder hervor. Beachtenswerth fährt Blankenburg, welcher meist an zweiter Stelle liegt. Mayer und Moritz versuchen vergeblich einander davonzulaufen. Bei Beginn der letzten Runde machte Moritz noch einmal den Versuch aus dem Rudel hervorzubrechen, muß aber auf dem 3. Platze verbleiben, und passiren die Fahrer in folgenden Reihe das Band: 1. H.Mayer, 29Min.48 4/5 Sec., 2. J. Blankenburg, Eisenach. 3. Curt Moritz, 4. Hans Lutze, 5. F.Winnemann, Hamburg. Nach beendetem Rennen fand im Kaulitzschen Saale die Preisvertheilung statt, woran sich ein Commers schloß.

Rennbahn Rothe Schleuse heute (Steilwandkurve)
Rennbahn Rothe Schleuse heute (Steilwandkurve)